20.000 Pflegehilfskräfte:
Spahns nächstes leeres Versprechen

18. August 2020 | Autor: Christoph Lixenfeld

Altenheime sollen 20.000 zusätzliche Pflegehilfskräfte erhalten, so der Bundesgesundheitsminister. Woher die kommen sollen, bleibt dabei genauso unklar wie ihre Finanzierung. Die Geschichte erinnert fatal an zwei andere leere Versprechen des Ministers.

© Andrea Kueppers

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Das noch im Entwurfsstadium befindliche Versorgungsverbesserungsgesetz hat das Ziel, „Pflegekräfte, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen gleichermaßen zu entlasten“, wie das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite verkündet.
Dabei lohnt sich -wie immer bei solchen Ankündigungen – zunächst ein genauer Blick auf die Formulierungen. So hat Spahn nicht wirklich 20.000 Pflegehilfskräfte versprochen – wie es in den meisten Artikeln darüber heißt -, sondern „bis zu 20.000“. Ein großer, feiner Unterschied. Wie viele er tatsächlich meint und für realistisch hält, bleibt völlig unklar. 1000 Hilfskräfte zum Beispiel sind auch „bis zu 20.000.“

Wer für die Pflegehilfskräfte bezahlen soll, bleibt unklar

Ebenso interessant sind die Informationen über die Finanzierung. Oder besser gesagt: die Nicht-Informationen. Das Gesundheitsministerium schreibt dazu lediglich, dass „der Eigenanteil der Pflegebedürftigen an den Kosten der stationären Versorgung dadurch nicht steigen“ soll.
Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen zahlen für die Hilfskräfte also nicht. Aber wer dann? Die Heime selbst lassen sich sicher nicht dazu verdonnern. Bleiben noch die Pflegekassen oder die Steuerzahler. Und an dieser Stelle hält sich die Gesundheitsministerium – bewusst – bedeckt, macht dazu keine unklaren, sondern gar keine Angaben.
Dieses „Versprechen“ erinnert erstens fatal an das 1.500 Euro-Drama von vor einigen Monaten. Wir erinnern uns: Anfang April verkündete Jens Spahn, Altenpflegekräfte sollten eine „Corona-Prämie“ von einmalig 1.500 Euro erhalten. Wobei schon der Betrag eine Mogelpackung war.

Spahn verspricht Dinge, die gar nicht in seiner Hand liegen

Denn garantieren konnte der Minister davon lediglich 1000 Euro – aus dem Topf der Pflegeversicherung. Der Rest lag nicht in seiner Hand – und war höchst schwammig geregelt. So sollten die Länder die 1000 auf „bis zu 1500 Euro“ aufstocken. Wo sie statt 500 lediglich 200 oder 300 Euro herausrücken wollten, sollten die Pflegearbeitgeber freiwillig den Rest zuschießen. Viele von ihnen lehnten das – wenig überraschend – von Beginn an ab.
Und auch die Zahlungen der Länder stocken zum Teil erheblich. Mit der Folge, das bis heute, drei Monate nach der großspurigen Ankündigung, die 1500 Euro noch längst nicht in voller Höhe und bei allen angekommen sind. Viele Pflegekräfte werden sich am Ende schlicht mit weniger begnügen müssen.
Und das aktuelle „Versorgungsverbesserungsgesetz“ mit seinem 20.000 Hilfskräfte-Versprechen weckt noch eine zweite, ebenso ungute Erinnerung. Und zwar an die von Jens Spahn im August 2018 im Rahmen des „Sofortprogramms Pflege“ versprochenen 13.000 Pflegefachkräfte für Heime.

Nach einem Jahr war keine einzige Stelle besetzt

Wie viele davon tatsächlich ihren Dienst angetreten haben, ist unklar. Bis zum Juli 2019 – also ein Jahr nach der Ankündigung – soll KEINE EINZIGE dieser Stellen besetzt worden sein. Das berichtete das Ärzteblatt unter Berufung auf die Krankenkassen.
Das bis heute, also ein weiteres Jahr später, viele dieser Stellen tatsächlich besetzt wurden, ist wenig wahrscheinlich. Aus zwei Gründen. Erstens kann man keine Fachkräfte einstellen, die der Arbeitsmarkt nicht hergibt.
Zweitens hat das Gesundheitsministerium die Finanzierung an eine Bedingung geknüpft: Zusätzliche Stellen können nur Heime beantragen, in denen 50 Prozent des Pflegepersonals Fachkräfte, also ausgebildete Alten- oder Krankenpfleger sind. Obwohl eigentlich gesetzlich vorgeschrieben, erfüllen die wenigsten Heime diese Quote tatsächlich.
Außerdem: Selbst wenn – eines Tages – alle 13.000 versprochenen Pflegekräfte eines Tages ihren Dienst antreten, dann arbeitet in jedem Heim in Deutschland sage und schreibe EINE zusätzliche Kraft…
An den grundsätzlichen Problemen der Branche ändert das wenig bis nichts.

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