Altenheime: Hohe Renditen fast ohne Risiko

8. Januar 2020 | Autor: Christoph Lixenfeld

Achtzig Prozent der Bundesbürger haben Angst davor, irgendwann in ein Pflegeheim umziehen zu müssen, lediglich sechs Prozent würden dies freiwillig tun, fand eine Umfrage Ende 2017 heraus. Trotzdem entstehen Jahr für Jahr 300 zusätzliche Heime.

Teilen

Es gibt also ein Produkt – den Pflegeheimplatz –, das bei den Kunden höchst unbeliebt ist und trotzdem mit großem Erfolg verkauft wird. Zum Beispiel in Mülheim an der Ruhr (NRW): Vier von mir dort im April 2019 zufällig besuchte Heime waren allesamt bis zum letzten Bett belegt. Zwei der Häuser führen auch keine Warteliste mehr, sie belegen frei gewordene Zimmer spontan mit jenen, die sich auf der Suche nach einem Platz bei ihnen melden. Und Nachfrage gibt es reichlich, deshalb baut die Branche in Mülheim auch zügig weiter. Im Mai eröffnete der Betreiber Alloheim mitten in der Innenstadt auf dem ehemaligen Kaufhof-Gelände ein weiteres Heim.

Menschen ziehen in Deutschland nicht ins Heim, weil sie sich das wünschen, oder weil sie es für eine sinnvolle Wohnform halten, sondern  weil das System unserer Nicht-Altenhilfe sie dazu zwingt. Sie finden schlicht keine Angebote, die ihnen trotz Unterstützungsbedarf ein Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen.
Diese Alternativlosigkeit füllt die Heime und sorgt für üppige Renditen nahezu ohne Risiko.

Renditen von vier bis fünf Prozent sind keine Seltenheit

Entsprechend beliebt sind Heime als Geldanlage. Deutschlands Kleinanleger investieren pro Jahr etwa 500 Millionen Euro in den Pflegemarkt, erhalten dafür eine Verzinsung von bis zu fünf Prozent.

Und die gleichermaßen üppige wie stabile Finanzierung der Heime lockt natürlich nicht nur Privatanleger, sondern auch internationale Finanzinvestoren an, die Milliarden investieren. Statt einzelner Apartments oder Häuser kaufen sie gleich ganze Pflegeheimketten und Betreiberfirmen.

Dieses Geld stammt zu einem Großteil aus Sozialabgaben und Steuern, das heißt es werden Mittel unserer Sozialsysteme, die an anderer Stelle bitter fehlen, in die Taschen privater Geldanleger gelenkt.

Warum das so läuft, warum ein System solche Renditen ermöglicht, obwohl es zugleich hoffnungslos unterfinanziert ist, und was das alles mit der Pflegeversicherung zu tun hat, steht in dem Buch „Schafft die Pflegeversicherung ab!“, das am 28. Januar bei Rowohlt erscheint.

Teilen